© T. Kreher
Auswirkung von naturwissenschaftlichem Arbeiten am außerschulischen Lernort Schulgarten auf das Verständnis vom Wesen der Naturwissenschaften bei Schüler*innen der Sekundarstufe I
Zusammenfassung des theoretischen Hintergrunds
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Allgemeinbildung als Bildungsauftrag der Schule und des Biologieunterrichts
Ein erklärtes Ziel schulischer Bildung ist es, den Schülerinnen und Schülern Allgemeinbildung zu vermitteln, sodass diese als mündige und selbstbestimmte Bürgerinnen und Bürger am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Derartige „Allgemeinbildungsbestrebungen“ lassen sich bereits bei Johann Amos Comenius (17. Jahrhundert) und Wilhelm von Humboldt (18. Jahrhundert) finden, bestimmen aber auch aktuelle bildungspolitische Diskussionen und Dokumente (Echebrecht & Schneeweiß, 2003; Tenorth, 1994; Tenorth, 2004; § 2 SCHULG M-V, 2010). Ziel der gymnasialen Oberstufe ist neben der allgemeinen Studierfähigkeit und der wissenschaftspropädeutischen Bildung, auch die Vermittlung einer vertieften Allgemeinbildung (KMK, 2018), wobei der Fächerkanon des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts seinen spezifischen Beitrag leistet (A Campo et al. 2003; Eisner et al. 2017). In der nationalen und internationalen Literatur zur naturwissenschaftlichen Didaktik besteht ein weitgehender Konsens darüber, dass naturwissenschaftliche Grundbildung (scientific literacy) ein elementares Bildungsziel des Fachunterrichts ist. Als zeitgemäßer naturwissenschaftlicher Unterricht wird dabei ein Unterricht gesehen, „der zu einer ‚scientific literacy‘, zu ‚naturwissenschaftlicher Allgemeinbildung‘ [...] führen soll“ (Messner, Rumpf & Buck, 1997, S. 6).
Scientific Literacy – Naturwissenschaftliche Grundbildung
Nach Definition der American Association for the Advancement of Science (AAAS) sind Personen naturwissenschaftlich grundgebildet, wenn sie sich bewusst sind, „dass Naturwissenschaften, Mathematik und Technik interdependente menschliche Konstrukte sind, die Stärken und Grenzen aufweisen, wenn sie Schlüsselbegriffe und Prinzipien der Wissenschaft verstehen, mit der natürlichen Welt vertraut sind, deren Vielfalt und Einheit erkennen und wenn sie sich wissenschaftlicher Erkenntnisse und Denkweisen für individuelle und soziale Zwecke bedienen“ (Rutherford & Ahlgren, 1990, S. ix; eigene Übersetzung). Eine, im Sinne der Definition des National Research Council (NRC) in „National Science Education Standards“, naturwissenschaftlich grundgebildete Person ist in der Lage, „Fragen zu stellen, zu finden oder Antworten auszuschließen, die sich aus alltäglichen Erfahrungen her ableiten lassen. Das bedeutet, dass eine Person die Fähigkeit besitzt, naturwissenschaftliche Phänomene zu beschreiben, zu erklären oder zu prognostizieren“ (NRC, 1996, S. 22; eigene Übersetzung). Weitere Definitionen naturwissenschaftlicher Grundbildung für das deutsche Bildungssystem werden durch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Rahmen der PISA-Untersuchungen präsentiert (Prenzel et al., 2001; 2007; Schiepe-Tiska et al., 2016). All den Definitionen ist gemeinsam, dass sie auf die Entwicklung von Fähigkeiten und Fertigkeiten bei den Schülerinnen und Schülern zielen, „die die Teilhabe an einer durch Naturwissenschaften und Technik geprägten Gesellschaft ermöglichen“ (Nerdel, 2017, S. 15). Dies umfasst ein Verständnis grundlegender naturwissenschaftlicher Konzepte, die Fähigkeit, diese anzuwenden und eine Vertrautheit mit naturwissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen (Nerdel, 2017).
Nature of Science – Wesen der Naturwissenschaften
Ein weiteres Bildungsziel des naturwissenschaftlichen Fachunterrichts ist die Vermittlung eines Verständnisses zum „Wesen der Naturwissenschaften“ (Schwartz, Lederman & Crawford, 2004; Kirchner & Dittmer, 2004). Welches definitorische Verständnis von Natur der Naturwissenschaften Experten haben und was davon ihrer Meinung nach im Unterricht thematisch aufgegriffen werden soll, war Schwerpunkt verschiedener Studien. Ziel war es, Aspekte von Nature of Science zu benennen, die für den schulischen Wissenserwerb relevant sind. Als gemeinsam geteiltes Verständnisses zum Wesen der Naturwissenschaften gelten dabei die sieben Kerndimensionen Sicherheit des Wissens, Entwicklung des Wissens, Einfachheit des Wissens, Rechtfertigung des Wissens, Herkunft des Wissens, Zweck des Naturwissenschaften und Kreativität und Vorstellungskraft. Eine inhaltliche Beschreibung der sieben Kerndimensionen erfolgt u.a. in Kreher & Retzlaff-Fürst, 2018. Eine effektive Möglichkeit, das Verständnis vom Wesen der Naturwissenschaften bei Schülerinnen und Schülern zu fördern, stellt das naturwissenschaftliche Arbeiten im Fachunterricht dar (Bell & Lederman, 2003; Lederman, 2004).
Scientific Inquiry – Naturwissenschaftliche Arbeitsweisen
Die naturwissenschaftlichen Arbeitsweisen „gehören zu den Naturwissenschaften als Teil ihres Selbstverständnisses“ (Stäudel, 2014, S. 79), denn sie „zeigen exemplarisch auf, wie Erkenntnisse in den Naturwissenschaften gewonnen werden“ (Nerdel, 2017, S. 115). Als solches leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Ziel des naturwissenschaftlichen Unterrichts, denn Schülerinnen und Schüler sollen auch Wissen darüber besitzen, wie naturwissenschaftliche Kenntnisse gewonnen werden (u.a. BLK, 1997; Duit, 2003; Linde, Kroß & Mayer, 1998; Stäudel, 2014). Unter naturwissenschaftlichen Arbeitsweisen werden dabei „Denk- und Arbeitsweisen“ (Pfeifer, 2003, S. 8) bzw. „geistige [...] Werkzeuge und Herangehensweisen“ (Duit, 2007, Editorial) verstanden, die sich von Fach zu Fach (etwas) unterscheiden können (Stäudel, 2014). Ein Fachunterricht, der die Auseinandersetzung der Schülerinnen und Schüler mit naturwissenschaftlich(-biologischen) Denk- und Arbeitsweisen fördert, kann sich positiv auf das Verständnis vom Wesen der Naturwissenschaften bei Schülerinnen und Schülern auswirken (Abd-El-Khalick, Bell & Lederman, 2003; Nerdel 2017; Rutherford & Ahlgren, 1990; Schwartz, Lederman, & Crawford, 2004).
Fragestellung
Verschiedene Studien belegen einen positiven Zusammenhang zwischen theoretischem und praktischem naturwissenschaftlich-(biologischen) Denk- und Arbeitsweisen und dem Verständnis vom Wesen der Naturwissenschaften. Das Potenzial, das das Lernen am außerschulischen Lernort für die Kompetenzentwicklung bei Schülerinnen und Schülern hat, wird ebenfalls durch internationale und nationale Forschung belegt. Jedoch liegen gegenwärtig noch keine Studien vor, die einen Zusammenhang zwischen naturwissenschaftlich-biologischem Arbeiten am außerschulischen Lernort Schulgarten und der Förderung des Verständnisses vom Wesen der Naturwissenschaften untersuchen. Diese Lücke soll diese konzipierte Untersuchung füllen. Es soll überprüft werden, ob naturwissenschaftlich-biologisches Arbeiten am außerschulischen Lernort Schulgarten während des Biologieunterrichts das Verständnis vom Wesen der Naturwissenschaften bei Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I und II verändert und somit einen Beitrag zum Allgemeinbildungsauftrag des naturwissenschaftlichen Unterrichts leisten kann? Zusätzlich wird der Einfluss des außerschulischen Lernortes auf langfristiges Behalten untersucht.
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Literaturverzeichnis
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